Einmischen oder moderieren?

Wenn ich mich entscheide, in einem öffentlichen Meinungsbildungsprozess als Prozessbegleiter zu fungieren, geht das nur, wenn ich bereit bin, meine eigene Position in der Sache zurückzuhalten. Ich bekomme einen Auftrag von außen und bin an diesen Auftrag gebunden. Das heißt natürlich nicht, dass ich die Position des Auftraggebers einnehme oder vertrete.

Im Laufe des Prozesses bin ich darauf angewiesen, dass alle beteiligten Seiten mir den De-Facto-Auftrag geben. In Regel agiere ich lösungs-abstinent und unterstütze die beteiligten Systeme dabei, eine gemeinsame Lösung zu finden, die ich nicht bewerte. Es wäre das Ende für meine Arbeit, wenn ich Partei ergreife, weil ich verständlicher Weise dann für Prozessbeteiligte, die anderer Meinung sind, als Moderator nicht mehr tragbar bin. Allparteilichkeit (nicht Neutralität) ist Grundvoraussetzung für meine professionelle Rolle. Ich werde versuchen, alle Seiten zu verstehen. Dabei ist wichtig: Verstehen heißt nicht einverstanden sein.

Es bleibt die Frage, welche Rolle dann noch die TZI-Haltung spielen kann, die ja immer mit bestimmten Werten verbunden ist. Ich bin überzeugt, dass sich diese Haltung in zwei Punkten niederschlagen wird und muss.

Zum einen: Meine TZI-Haltung bestimmt, welche Prozessschritte ich als angemessen einführe und welche Aufträge ich annehme. Ich werde den Prozess so gestalten,

  • dass eine Begegnung und ein wirkliches Gespräch zwischen Menschen möglich ist.
  • dass stets für alle Seiten die Möglichkeit geschaffen wird, nicht nur eigene Positionen und Bedürfnisse zu benennen, sondern auch im Perspektivwechsel von anderen zu lernen und sich selbst zu verändern.
  • dass ich Rücksicht auf die Grenzen der Menschen nehme. Tempo, Sprache, Methoden etc. müssen so ausgewählt sein, dass alle Beteiligten sich gut einbringen können.
  • dass ich bewertende Entscheidung im Blick auf die Prozessgestaltung treffe, auch wenn ich nicht die Positionen und Haltungen der Prozessbeteiligten bewerte.

Zum anderen: Es kann passieren, dass ich den Prozess nicht mehr allparteilich gestalten kann. Möglicherweise zwingen mich die Positionen der Prozessbeteiligten dazu, selbst bewertende Entscheidungen in Hinsicht auf die Sache zu treffen. Es ist möglich, dass beteiligte Menschen so weit von meiner ethischen Basis entfernt sind, dass ich nicht mehr bereit bin, allarteiliches Verstehen zu praktizieren. Das ist der Punkt, an dem ich den Auftrag zurückgebe und mich eventuell einmische.

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