Ein Text von Teilhard de Chardin:
„Wir haben uns manchmal vorgestellt, die Dinge wiederholten sich unendlich und eintönig in der Geschichte der Schöpfung.
Der Grund liegt darin, dass für uns die Saison zu lang ist, verglichen mit der kurzen Dauer unsers individuellen Lebens – die Tranformation zu umfassend und zu innerlich in bezug auf unsere oberlächlichen und beschränkten Anschauungen -, als dass wir die Fortschritte dessen wahrnehmen könnten, was unermüdlich mit Hilfe aller Materie und allen Gesites und durch sie hindurch wird. Glauben wir an die Offenbarung, die getreue Stütze unserer menschlichen Vorahnungen. Unter der banalen Hülle der Dinge wird aus all unserem gereinigten und geretteten Bemühen nach und nach die neue Erde gezeugt.
Eine Tages, so verkündet uns das Evangelium, wird die langsam zwischen der Menschheit und Gott aufgeäufte Spannung die durch die Möglichkeiten der Welt festgesetzten Grenzen erreichen. Das wird dann das Ende sein. Wie ein von einem Pol zu anderen überspringender Blitz wird die schweigend angewachsene Gegenwart Christi in den Dingen sich plötzlich offenbaren. Indem sie die Schranken zerbricht, hinter denen sie anschenend die Schleier der Materie und die wechselseitige Undurchdringlichkeit der Seelen zutückhielten, wie sie das Antlitz der Erde überfluten.
Wie der Blitz, wie eine Feuersbrunst, wie eine Sintflut wird die Anziehung des Menschensohnes alle wirbelnden Elemente des Universums ergreifen, um sie seinem Leib zu vereinen oder zu unterwerfen.
Über die Stunde und die Modalitäten dieses furchtbaren Erignisses zu spekulieren wäre eitel. Die Bibel warnt uns davor. Aber wir müssen es erwarten. Die Erwartung schlechthin ist die christliche Funktion und vielleicht das deutlichste Unterscheidungsmerkmal unserer Religion. Der Herr Jesus wird nur schnell kommen, wenn wir ihn erwarten.
In Wirklichkeit aber sind wir, wenn wir ehrlich sein wollen, gezwungen einzugestehen, dass wir nichts mehr erwarten.“
Zietiert nach Tutu, Desmond:Keine Zukunft ohne Versöhnung. Düsseldorf, 2001, S. 218f.